Traumatische Erfahrungen können das Leben von Kindern und Jugendlichen tiefgreifend beeinflussen. Manchmal wirken die Erlebnisse noch lange nach – in Form von Ängsten, Schlafproblemen, Konzentrationsschwierigkeiten oder plötzlichen Stimmungsschwankungen. Eine anerkannte Methode, um solche seelischen Verletzungen zu verarbeiten, ist EMDR.
Doch was genau steckt hinter diesem ungewöhnlichen Begriff – und wie funktioniert die Methode bei jungen Menschen?
Was bedeutet EMDR?
EMDR steht für Eye Movement Desensitization and Reprocessing, auf Deutsch: Desensibilisierung und Verarbeitung durch Augenbewegungen.
Die Methode wurde ursprünglich zur Behandlung von Erwachsenen mit Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) entwickelt. Heute wird EMDR erfolgreich auch bei Kindern und Jugendlichen eingesetzt – etwa nach:
Unfällen oder plötzlichen Verlusten
Missbrauch oder Gewalterfahrungen
Mobbing oder schweren familiären Konflikten
Belastenden medizinischen Eingriffen
Naturkatastrophen oder Fluchterfahrungen
Wie funktioniert EMDR?
Vereinfacht gesagt: In der EMDR-Therapie wird das belastende Erlebnis bewusst erinnert, während gleichzeitig gezielte Augenbewegungen oder andere bilaterale Reize (z. B. Tippen auf Hände, Töne im Wechsel) eingesetzt werden.
Das Ziel: Die emotionale Ladung der Erinnerung wird reduziert, und das Gehirn kann die Erfahrung neu verarbeiten – ähnlich wie es normalerweise im Schlaf (Traumphase) geschieht.
Warum hilft das bei Trauma?
Traumatische Erlebnisse sind häufig nicht vollständig verarbeitet – sie bleiben wie eingefroren im Gedächtnis, mit all den Gefühlen, Bildern und Körperempfindungen. Dadurch reichen oft kleine Auslöser (z. B. ein Geräusch oder ein Geruch), um intensive Reaktionen hervorzurufen.
EMDR unterstützt das Gehirn dabei, diese Blockade zu lösen. Viele Jugendliche berichten nach einer EMDR-Behandlung, dass sie sich:
innerlich ruhiger fühlen
besser schlafen können
weniger Albträume oder Flashbacks haben
belastende Gedanken loslassen können
wieder mehr Lebensfreude spüren
Ist EMDR für Kinder und Jugendliche geeignet?
Ja – EMDR wird speziell an das Alter und die Entwicklung des Kindes angepasst. Je jünger das Kind, desto spielerischer und bildhafter verläuft die Therapie. Bei Jugendlichen können auch Musik, kreative Methoden oder kurze Bewegungsübungen integriert werden.
Wichtig: Eine vertrauensvolle Beziehung zur Therapeutin oder zum Therapeuten ist entscheidend – nur dann kann EMDR sicher und wirkungsvoll eingesetzt werden.
Wann ist EMDR sinnvoll?
EMDR kommt meist dann zum Einsatz, wenn Kinder oder Jugendliche nach einem belastenden Erlebnis nicht „zurück in den Alltag“ finden, z. B. wenn sie:
sich plötzlich zurückziehen
starke Ängste entwickeln
über körperliche Beschwerden ohne klare Ursache klagen
wütend, gereizt oder niedergeschlagen wirken
Konzentration und Freude an Schule oder Freizeit verlieren
Auch wenn das Ereignis schon länger zurückliegt, kann EMDR helfen, es im Nachhinein zu verarbeiten.
Fazit
EMDR ist eine sanfte, aber tiefgreifende Methode, um traumatische Erlebnisse bei Kindern und Jugendlichen zu bearbeiten. Sie hilft dabei, innere Bilder und belastende Gefühle neu zu sortieren – und wieder mehr Sicherheit, Stabilität und Leichtigkeit zu gewinnen.
Wenn ein Kind nach einem Erlebnis nicht zur Ruhe kommt, lohnt es sich, EMDR als Therapieoption in Betracht zu ziehen – gut begleitet, individuell angepasst und in einem geschützten Rahmen.